Ich ärgere mich über dich, wenn du die Kochbücher an der falschen Stelle in das Regal räumst. Wir müssen jetzt aufräumen. Alte Freunde kommen zu Besuch, es ist ein alter Freund und seine Frau. Auf der Hochzeit waren wir nicht. Die Einladung kam nur Tage zuvor, es gab nicht die Möglichkeit einer richtigen Feier, Pandemie. Nein, nur zum Anstoßen fahren wir nicht, haben wir gesagt. Viel zu weit, haben wir gesagt. Wir müssen ja auch arbeiten. Es war ein Mittwoch.
Wir haben jetzt einen Tisch, der mehrere tausend Euro gekostet hat. Wir haben neue Stühle. Wir haben eine Wohnung, die in allen Ecken uns entspricht. Wir haben Routinen. Wir haben einen Essensplan. Wir sagen, das ist einfach einfacher, als immer diese Diskussionen. Wir planen einmal im Monat. Diesen Monat konnten wir zum ersten Mal den Plan vom letzten Jahr wiederverwenden. Du kochst. Ich lerne. Du nimmst Rücksicht auf mich. Ich bin im Stress, Arbeit, Ausbildung und Freizeit, das ist viel. Du hast Verständnis.
Wir besorgen Geschenke. Silberhochzeit. Einen Blumenstrauß für deine Eltern zum Hochzeitstag. Ich schenke den Zwillingen zur Geburt die Pullover, die ich für unsere Kinder gekauft habe. Damals. Ich kaufe zusammen mit der Schwägerin Kapuzenhandtücher, im abgestimmten Design. Weil sie Dunkelgrün für unseren Neffen kauft, für den sie Patin ist, muss ich Rosa für die Nichte kaufen, die unser Patenkind wird. Dunkelgrau, das geht für Kinder nicht, sagen wir.
Ich bekomme das Schreiben mit der Ankündigung auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, sofern ich nur die Prüfung bestehe. Ich bekomme Anerkennung von allen Seiten. Auf der Hochzeit meiner Chefin trage ich ein ärmelloses Kleid. Ich finde meine Oberarme zu dick. Ich trinke Wein, ich trinke Bier, ich unterhalte mich mit dem neuen Kollegen über Musik. Ich fahre im Auto mit zurück, zwischen Autotür und Kollegin geklemmt, ich sitze zuhause auf dem Sofa, ich warte noch auf dich. Wir gehen ins Bett, wir gehen so selten gleichzeitig ins Bett. Du bist immer noch wach, du brauchst wenig Schlaf, du bist selten müde.
Wir haben jetzt Pläne, wir können wieder Menschen treffen. Nach der Prüfung, sage ich. Das mache ich nach der Prüfung wieder. Jetzt ist es alles zu viel. Ich kaufe eine neue Trinkflasche, weil meine Kollegin die hat und davon so begeistert ist. Ich habe jetzt eine Trinkflasche für fünfunddreißig Euro. Das Wasser schmeckt daraus wie Wasser mit einem Hauch Geschmack. Ich behalte sie, es ist eine Trinkflasche, es ist gut, viel Wasser zu trinken.
Montags ist wieder Chor, wir haben neue Mitglieder. Möglich, dass die Menschen sich jetzt wünschen, mehr in ihrer Freizeit zu machen, wo es wieder erlaubt ist. Wir hatten lange nicht mehr so viele neue Menschen im Chor, die mal reinschnuppern wollen. Wir singen den irischen Segen, wir singen Morning Has Broken. Ich höre Simon and Garfunkel. Der Herbst steht vor der Tür. Ich fahre Rad, ich überlege, wie alt ich sein möchte, bevor ich mir ein E-Bike kaufe. Vierzig, sage ich. So lang ist es nicht mehr. Mit vierzig kaufe ich mir ein E-Bike. Vielleicht wünsche ich es mir zum Geburtstag.
Unsere Eltern werden jetzt alt, sie gehen lang nicht mehr arbeiten. Wir sorgen uns. Ich wache nachts auf, ich weine, ich habe geträumt, meine Mutter sei gestorben. Ich rufe sie morgens an, es geht ihr gut. Natürlich. Ich lache über meinen Aberglauben. Ich arbeite länger, ich schreibe dir, dass ich noch bleibe, ich bin gerade so tief drin, gedanklich. Und freitags nachmittags hat man mehr Ruhe im Büro. Die Arbeit macht mir Spaß. Du sitzt im Home Office, immer noch, du darfst jetzt wieder zwei mal wöchentlich ins Büro.
Die Vögel fliegen am Fenster vorbei, die Wolken sind hübsch anzusehen. Der September zeigt sich wirklich von seiner besten Seite, sage ich. Wir sitzen auf dem Balkon. Das stimmt, sagst du. Wir hören die Kinder der Nachbarn im Garten. Lilly hat eine neue Taucherbrille. Lotta kann jetzt schon die Schubkarre schieben.
Was ist sie groß geworden, sagen wir über unsere Nichte. Zum elften Geburtstag wünscht sie sich, dass ich mit ihr Shoppen gehe. Und von dir eine Käppi. Wir können eine von den Käppis mit Städtelogo kaufen, sage ich. Ja, sagst du. Gute Idee. Dann will ich auch eine. Na klar, sage ich. Die gibts in der Stadt, wir können online schauen und dann bringe ich sie mit. Du nickst.
Die Zwillinge sind niedlich, sie brechen mir nicht das Herz. Wider Erwarten. Ich frage mich, wie es ist, so ein Kind den ganzen Tag um sich zu haben. Nicht nur alle paar Wochen für einen Tag oder einige Stunden. Wie es ist, wenn man die Kinder an der Stupsnase auseinanderhält und nicht an ihren Schnullerketten. Du sagst, verwechseln kann man sie ja nicht, dann muss man einfach kurz die Windeln wechseln. Du hältst immer noch die Luft an, wenn du ein Baby im Arm hast. Du hast immer Angst, etwas kaputtzumachen. Auch beim vierten und fünften Nichten-und-Neffen-Baby.
Es wird Herbst. Es wird früher dunkel. Alexa, Licht an, sagst du. Wenn ich ins Bett gehe, sage ich Alexa, Licht aus. Sie hört oft nicht auf mich. Alexa, wie wird das Wetter morgen? Ich lege mir Kleidung raus, weil ich früh aufstehen muss. Ich bereite abends den Quark fürs Frühstück vor und die Butterbrote für meine Mittagspause. Du machst neuerdings den Quark, weil ich abends müde bin. Ich stehe neben dir und schmiere Brote.